Als ich gestern zum Qi Gong kam, gratulierte mir eine Teilnehmerin zum „Weltfrauentag“! Ich war etwas überrascht, denn eigentlich fühlte ich mich nicht angesprochen. Natürlich bin ich eine Frau und das auch sehr gerne und hoffentlich einigermaßen bewusst. Aber ich fühlte keinen Bezug zu dem, was anlässlich dieses „Ehrentages“ gewürdigt werden sollte. Ich hatte wohl die Facebookpostings dazu wahrgenommen, aber sie mit leichtem Stirnrunzeln übersprungen. Mein erster Gedanke war: wieso braucht es einen „Weltfrauentag“? Ich meine, bräuchte es dann nicht auch einen „Weltmännertag“? Und laut Wikipedia gibt es tatsächlich einen seit 2000, der am 3. November begangen wird, wohingegen es den Weltfrauentag laut Wikipedia offiziell seit 1921 gibt.
Zwiespältige Gefühle
Einerseits gehöre ich zu den Menschen, die finden, dass weder Frauen, noch Männer eines eigentlichen Feiertags bedürfen. Genauso wenig wie Mütter, Väter, Eltern oder Kinder. Doch es gibt sie: Muttertag immer am 1. Sonntag im Mai, Vatertag auch im Mai oder Juni (da gibt’s kulturelle Unterschiede), in the USA gibt’s den Elterntag am 4. Sonntag im Juli und der Weltkindertag ist am 20. September.
Als westlich kulturell geprägter Mensch vermutet man dahinter gerne die Kommerzinteressen der Geschenkeindustrie. Denn natürlich sind wir das alles die ganze Zeit – mindestens Männer bzw. Frauen und Kinder und oft auch Eltern. Wären wir darin immer gesund und bewusst, würden wir uns alle grundsätzlich würdiger behandeln – in all unseren Aspekten!
Andererseits ist mir natürlich völlig klar, dass wir davon leider noch recht weit entfernt sind. Also ist es in unserer Zeit und Kultur noch immer wichtig ist, auf gewisse Ungleichgewichte hinzuweisen. Denn tatsächlich gilt der internationale Weltfrauentag vor allem der Unterstützung der Rechte von Frauen und ihrer Position in Politik, Kultur und Gesellschaft. Eben überall da, wo sie noch sehr im Argen ist. Leider ist das noch immer eine finstere Wirklichkeit in unserer Zeit. Das gilt auch für Kinder und den Kindertag. Wohingegen der Weltmännertag vor allem der Würdigung und Unterstützung der Gesundheit von Männern gilt. Offenbar auch ein Aspekt, der besonderer Aufmerksamkeit bedarf. Männer – die ja bei uns nach wie vor das ‚herrschende‘ Geschlecht sind – neigen also offenbar dazu sich nicht ausreichend um Frauen, Kinder und ihre eigene Gesundheit zu kümmern…
Der Fokus ist auf Trennung, nicht auf dem Miteinander
Was halt immer so einen blöden Beigeschmack erzeugt, ist die Tatsache, dass all dies nicht nötig wäre, wenn wir aufhören könnten uns einzeln oder auch kollektiv als Opfer und Täter wahrzunehmen und zu behandeln.
Nichts gegen Mitgefühl und kluges Engagement für mehr Frieden und Freiheit und Rechte. Doch allzu oft geht das mit der Polarisierung von mindestens zwei gegnerischen Fronten einher. Viele neigen dazu, die Gesellschaft ständig in Gewinner und Verlierer einzuteilen und, je nach Verfassung, sich der einen oder anderen Gruppe zugehörig zu fühlen. Beliebt ist auch: „Wir guten, aber schwachen“ und „Die bösen, aber starken.“ Diese Polarisierungen schüren die Konflikte weit mehr, als dass sie zu ihrer Beilegung oder gar Frieden führen.
Ehren ist immer gut
Ich finde es natürlich auch immer wieder toll, zu erfahren, wann und wie welche Frauen auf kluge Weise ihre Welt zum Positiven verändert haben. Es sind zu viele, um sie einzeln aufzulisten. Und genauso liebe ich bestimmte Männer – aus den gleichen Gründen. Außerdem liebe ich auch Frauen, weil sie Frauen sind und Männer, weil sie Männer sind und alle dazwischen, weil sie sind, wer sie sind! Ich liebe Menschen überhaupt! Und umso mehr, wenn sie sich selbst und andere ebenfalls wirkungsvoll zu lieben vermögen und auch so ganz grundsätzlich zum Frieden beitragen!
Für die romantische Liebe zwischen Menschen gibt es längst einen Feiertag: den Valentinstag am 14. Februar. Und obwohl dieser Feiertag als Kommerzimpuls begann und dieser Aspekt mit den ganzen Superspezialangeboten in Restaurants- Geschenk- und Blumenläden auch präsent ist, hat er doch grundsätzlich auch zu einem stärkeren Fokus auf nicht nur romantische Liebe geführt.
Beziehungen sind heilig!
Es gibt ein Zitat von Wilhelm von Humboldt, das, seit ich es zum ersten Mal vor über 30 Jahren irgendwo las, zu meinen absoluten Lieblingszitaten gehört:
„Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen, welche dem Leben seinen Wert geben.“
Ich liebe dieses Zitat bis heute sehr und schreibe es immer wieder gerne Hochzeitern in die Glückwunschkarte. Außerdem bin ich inzwischen zu dem Schluss gekommen, dass es uns gesellschaftlich noch viel mehr um die Würdigung der Beziehung selbst gehen sollte. Sicherlich auch um die der daran Beteiligten, ohne die die Verbindung ja gar nicht möglich wäre. Aber die Verbindung selbst, die aus den Beteiligten mehr macht, als sie ohne sie sind, scheint mir das wesentliche Element.
Also schlage ich hiermit vor, einen Weltbeziehungstag zu initiieren. An dem sollte unbedingt auch die Beziehung zum eigenen Wesen, zum Selbst gewürdigt werden und dann zu allen Menschen und Wesen und der Umwelt überhaupt… Wann und wo kann man noch mehr teilen und austauschen, an Liebe, Mitgefühl, Freude, Humor usw. usf. Das erlaubt auch, Konflikten da zu sein, um gelöst zu werden – Disharmonie in Harmonie zu wandeln…Mal schneller, mal langsamer, aber definitiv.
Angestrebtes Datum? Ich täte sagen: jeden Tag – dann würde das ganze Leben zu einer Feier!