Heia, es ist Mittsommernacht!

1920 1271 Elisabeth Karsten

Die Mittsommernacht ist seit alters her ein besonderer Zeitpunkt. Sie markiert den längsten Tag des Jahres und die kürzeste Nacht auf der Nordhalbkugel. Als wir noch mehr im Einklang mit dem Jahreslauf unserer Welt lebten, wurden in der „Johannis-Nacht“ oder Mittsommernacht besondere Feste gefeiert. In Skandinavien sind sie bis heute noch weit verbreitet. In Deutschland machen dies bisher vor allem neopagane Gruppen oder Vereine, die auch gerne mal ein Mittelalterfest oder ähnliches organisieren.

Doch unser Bedürfnis, uns mit der Natur noch stärker zu verbinden, wird immer größer. Dazu gehört auch ein immer tieferes Bewusstsein für natürliche Zyklen. Die jeweiligen Zeiten von Aussaat, Wachstum, Blüte, Frucht, Ernte und Ruhe verdienen alle eine bewusste Würdigung. Und natürlich der Jahreslauf ganz grundsätzlich. Schließlich sind wir selbst Teil der Natur!

Die Mittsommernacht ist ein echter Höhepunkt. Denn dabei geht es nicht nur um den aktuellen Sonnenstand, sondern auch um unser Bewusstsein um die Kraft von Licht und Wärme. Und auch um unsere Verbindung zu unseren Ahnen, sowie mit unseren Nachfahren: wir sind alle Glieder einer unendlich langen Kette!

Stärkung der metaphysischen Aspekte unseres Seins

Die Mittsommernacht wieder gemeinsam zu feiern, finde ich außerordentlich wichtig. Besonders wenn man sich dabei der Verbindung zur Natur bewusst gemeinsam widmet. Denn genau, wie die Raunächte im Winter stärkt auch die Sommersonnenwende unser Bewusstsein um die metaphysischen Aspekte unseres Seins. Als Individuen, aber auch als Gemeinschaft.

Für jene, die Lust haben, diesen Tag auf besondere Weise für sich zu gestalten, habe ich hier ein kleines Ritual entwickelt. Dies soll nur zur Inspiration dienen. Bitte verbessert, verändert und ergänzt nach Euren Bedürfnissen. Denn ein Ritual ist nur dann wirklich lebendig und wirksam, wenn es für einen selbst Kraft hat. Diese Kraft entwickelt es durch die eigene Beteiligung und bewusste Ausführung. Nehme sich also ein jeder, was ihm stimmig erscheint!

Der Bewusstseinsstrom muss klar sein

Wer gemeinsam mit anderen feiert, sollte sich darüber im Klaren sein, dass ein Gruppenritual alle in einer Gruppenenergie eint. Wenn nicht alle Gruppenmitglieder eine gleich reine Intention haben und ihr Bewusstsein beispielsweise durch Drogen oder Alkohol getrübt ist, kann die ganze „Bewusstseinssuppe“ die dann gerade entsteht, verschmutzt werden. Man muss also einander vertrauen können.

Außerdem werden die bei Gruppenritualen entstehenden Synergien auch gerne mal von gewissen Instanzen umgeleitet. Beispielsweise sind Kirchen architektonisch so ausgerichtet, dass die vereinte Energie zum Altar fließt: wir alle kennen die Kraft des gemeinsamen Betens.

Grundsätzlich bin ich ein großer Fan davon, sich mit anderen im Licht zu verbinden. Doch wenn dies nicht gewährleistet ist, empfehle ich, dass jeder das in erster Linie für sich selbst macht – quasi im direkten Kontakt zur Schöpfung, zu Gott, zum Leben… Aber alle machen es zur gleichen Zeit und gemeinsam. Kurz: Jeder für sich, und alle gemeinsam. Das ist eine Frage des persönlichen Gespürs, in wie weit man sich mit anderen verbinden mag.

Mögliche Zutaten für ein Ritual in der Mittsommernacht

Auch hier ist Kreativität gefragt. Wichtig ist, dass es für alle Beteiligten von Bedeutung ist und für andere die Erfahrung des Rituals nicht beeinträchtigt. Wer für sich gerne Rosenblätter ins Feuer wirft soll dies tun dürfen. Wer dagegen unbedingt Heavy Metal hören muss, sollte besser nur mit absolut Gleichgesinnten feiern…

Feuergestaltung

Natürlich gehört alles dazu, was es für ein großes Mittsommernacht Feuer braucht. Holz, Papier, Feuerzeug… Einschließlich aller Sicherheitsmaßnahmen. Wie ein Feuerlöscher oder Eimern mit Wasser oder Sand, achtsame Ritualteilnehmer und zu jeder Zeit genug Abstand. Synthetische Kleidung gilt es zu vermeiden: es ist nicht klug, sich in Bikini oder Badehose ans Feuer zu setzen. Denn Polyester brennt wesentlich schneller als Baumwolle oder sonstige natürliche Materialen.

Räucherwerk

Als Räucherwerk funktioniert alles was unsere Natur so hergibt. Bestimmte Kräuter unterstützen bestimmte Wandlungsaspekte mehr als andere. Da kann jeder selbst recherchieren. Aber letztlich ist unsere Intention dabei ausschlaggebend. Klassiker dabei wären Salbei, Rosmarin, Weißdorn, Wacholder und Weihrauch. Doch auch Kiefernadeln können einen angenehmen Geruch und gute Energie erzeugen.

Papier, Stifte und kleine Steine

Papier und Stifte – Ideal sind Zettel aus Umweltpapier und dicke Bleistifte oder Filzschreiber.

Kiesel oder kleine Steine, um die man ein kleines Papier wickeln kann. Denn wenn man seinen Wandlungszettel verbrennen will, ist es manchmal schwer, den gut im Feuer zu platzieren, ohne sich selbst zu verbrennen. Das Papier wird gerne mal von der aufsteigenden Hitze weggetragen. Also hat es sich als praktisch erwiesen, das Papier um einen Stein zu wickeln und mit diesem zusätzlichen Gewicht, landet das Papier sicher in den Flammen. Dem Stein kann man vorher für seine Bereitschaft danken, die Wandlung zu unterstützen. Wenn das Feuer dann abgebrannt und die Asche abgekühlt ist, kann man die Steine wieder herausholen und zurück in die Natur geben.

Essen und Getränke

Genug zu trinken und vielleicht auch Nahrung für einen Selbst. Transformative Arbeit bedeutet immer einen Energieumsatz, der sich manchmal in Durst und Hunger äußert.

Der Energieaufbau

Die Sommersonnenwende ist ein Sonnenfest und wird traditionell mit einem großen Mittsommernacht Feuer gefeiert. Also leuchtet es ein, dass Sonne und Feuer zentrale Elemente bei der Ritualgestaltung sind.

Schon das (gemeinsame) Sammeln von Holz und das Einrichten der Feuerstelle können mit einer bewussten Intention geschehen. Beispielsweise kann man darauf fokussieren, dass heute alles, was gewandelt werden kann, auch gewandelt werden möge. Und man kann dabei auch einen Herzkontakt zur Sonne und ihren Wandlungskräften aufbauen.

Eröffnung der Mittsommernacht

Mit diesem Satz kann dann auch derjenige, der bereit ist das Feuer zu entfachen dieses tun. Während er oder sie also das Streichholz oder den Gasanzünder entfachen und an das Feuer halten sagen sie laut:

„Wir danken der Sonne und der Natur hier für ihr segensreiches Dasein! Und wir bitten sie und alle guten Kräfte um ihre Unterstützung bei unserem heutigen Mitsommerfest. Wir bitten auch die Kräfte von Seitens des Lichts um Schutz und Unterstützung unseres heiligen Vorhabens! Hiermit laden wir auch die Seelen unserer Ahnen und Nachkommen ein, auf ihre Weise mit uns zu feiern! Möge dieses Feuer jetzt der Wandlung all dessen dienen, was jetzt, hier und heute gewandelt werden kann und möchte. Zu unserem Wohl, zum Wohle unserer Welt und zum Wohle allen Seins! Danke! Und so sei es.“

Dann können alle applaudieren oder „So sei es“ wiederholen. Oder sonst einen Ruf des Einverständnisses äußern, wie z.B. „Ahéo“, wie es Schamanen oft nutzen. Der ursprüngliche deutsche Ruf wäre vermutlich so etwas wie: „Heil!“. Aber wir haben da verständlicherweise durch die Verzerrungen während des Nationalsozialismus gewisse Störgefühle.

Vorbereitung zur Wandlungsbereitschaft

Dann folgt idealerweise eine Phase, in der auch auf der seelisch-psychischen Ebene die Bereitschaft zur Wandlung geschaffen wird. Neben Tanz und Gesang kann man Kränze winden oder sich Blüten ins Haar oder ins Knopfloch stecken – einfach die Fülle des Sommers würdigen!

Dazu kann man Musik spielen – entweder live oder aus der Konserve. Moderne Technologie macht es inzwischen problemlos möglich. Noch schöner ist natürlich, gemeinsam zu singen und ums Feuer tanzen. Das stärkt auch die Kraft der Gruppe und potenziert die Energie. Im Übrigen wird auch die Wandlungskraft des Feuers durch die Projektion der Gruppe stetig weiter gestärkt.

Währenddessen überlegt sich jeder, was er oder sie heute gewandelt haben möchte. Wenn die Intention klar genug ist, kann man sie als einen Satz formulieren und zwecks Verbrennung aufschreiben. Dann steckt man den Zettel noch eine Weile in die Tasche oder hält ihn fest, bis er sich „reif zur Verbrennung“ anfühlt. Währenddessen kann man noch ´ne Weile weiter singen und/oder tanzen…

Bewusstes Verbrennen

Schließlich kommt der Punkt, an dem man den Impuls hat, diesen Antrag der Feuerenergie zur Wandlung anzuvertrauen. Dann nimmt man einen Stein, wickelt das Papier drumherum und sucht sich eine gute Wurfstelle. Dann holt man tief Luft und wirft den Stein mit kräftigem Ausatmen ins Feuer und formuliert dabei die dazugehörige lösende Fürbitte, entweder laut oder leise.

Wenn nur wenige Teilnehmer da sind und sie sich Zeugen wünschen, kann man das offen und laut machen. Wenn es eher viele sind oder man es für sich behalten möchte, macht man es stumm und im Innern.

Es kann sein, dass im Laufe der Stunden sich mehr als eine Intention herausbildet. Dann wiederholt man das Ganze. Allerdings muss man das Ganze auch hinterher gut integrieren können. Also empfehle ich, je nach Intensität der Absicht, das Ritual maximal dreimal zu wiederholen. Aber auch da steht jeder in seiner Selbstverantwortung!  Manche lieben „Turbowaschgänge“. Andere machen lieber mehrere Durchgänge über einen längeren Zeitraum verteilt. Handle ein jeder in Einklang mit sich selbst. Hier geht es nicht um Leistung, sondern um maximale Wahrhaftigkeit und Selbstaufrichtigkeit!

Beispiele für mögliche Wandlungsanträge

Auf das leicht brennbare Papier schreibt man alles, von dem man gerne befreit werden möchte. Diesen Zettel wirft man dann ins Feuer, begleitet von dem innerlich oder laut gesprochenen lösenden Fürbitte. Denn das alte, was ging, sollte nun durch etwas Gutes und konkretes ersetzt werden dürfen. Hier ein paar Beispiele:

Zetteltext: Alle Programme in mir, die aus Trauma, Angst und Schmerz entstanden sind und mir und anderen Menschen unnötig geschadet haben.

Lösungsfürbitte: Mögen ab sofort meine Beziehung zu mir selbst und die zu anderen von Liebe und Freude am Leben geprägt und getragen sein. Dazu bin ich jetzt bereit. Danke. Und so ist es.

Zetteltext: Alle meine Glaubenssätze, die mich noch in Angst und Mangel halten und verhindern, dass ich mein gesundes Füllebewusstsein fühlen und leben kann.

Lösungsfürbitte: Möge ich jetzt frei von Angst und Mangel sein und mich in bedingungsloser Fülle auf allen Ebenen freudvoll entfalten. Dazu bin ich jetzt bereit. Danke. Und so ist es.

Zetteltext: Alle meine gesundheitlichen Beschwerden, Krankheiten und alle ihre bewussten und unbewussten Ursachen.

Lösungsfürbitte: Möge ich frei von alten Unheilprogrammen sein und nun ein Leben in bewusster Gesundheit auf allen Ebenen immer mehr genießen können. Dazu bin ich jetzt bereit. Danke. Und so ist es.

Gruppenanträge

Natürlich kann man auch einen gemeinsamen Wandlungsantrag formulieren. Zunächst einigt man sich also auf Intention und Text. Eine/r schreibt den Text auf einen Zettel. Dann wickelt er diesen Zettel um einen Stein und alle, die sich davon angesprochen und berührt fühlen, nehmen diesen Stein einmal in die Hand und bekräftigen die Intention für sich.

Derjenige, der den Zettel beschriftet hat oder jene/r, der diesen Wandlungsantrag als letztes hielt, wirft nun den Stein ins Feuer und alle sagen mehr oder weniger gleichzeitig die Lösungsfürbitte. Am besten formuliert man auch die zuerst gemeinsam und einer liest sie nach dem Verbrennen nochmals für alle vor. Dann sprechen alle nach.

Beispiele für einen Gruppenantrag

Natürlich können auch mehrere Gruppenanträge gestellt werden. Das müssen natürlich alle gemeinsam abstimmen, bzw. jene die gemeinsam einen Antrag stellen wollen!

Zetteltext: Alles was uns darin hindert und gehindert hat, die gesunden Seiten unserer deutschen Kultur mit Kraft und Liebe zu leben.

Lösungsfürbitte: Mögen wir nun unser deutsch sein auf gesunde Weise in Liebe leben! Danke. Und so ist es.

Ein anderer, zeitgemäßer, Gruppenantrag wäre:

Zetteltext: Die Belastungen und Trübungen, die im Bewusstsein der Menschen durch die Coronakrise entstanden sind und die die Entstehung von Gesundheit und Freiheit verhindern und stören.

Lösungsfürbitte: Mögen alle Menschen immer freier und gesünder werden. Danke. Und so ist es.

Oder

Zetteltext: All die schädlichen Mechanismen und Muster, die dazu führen, dass Menschen gegeneinander ausgespielt werden und Reichtum darin besteht, mehr zu haben als andere.

Lösungsfürbitte: Mögen alle Menschen Freude am konstruktiven Miteinander finden und leben und ihren persönlichen Reichtum genießen und anderen großzügig gönnen. Danke. Und so ist es.

Integration

Das alte verbrennt nun im Feuer und wurde mit der Lösungsfürbitte bekräftigt. Damit das Neue seinen guten Platz einnehmen kann ist es gut, dies mit Hilfe von fröhlichem Feiern zu integrieren. In dem Bewusstsein, dass das Neue nun uneingeschränkt sein darf und bereits ist! Dafür bietet sich weiter Singen und Tanzen an… Je ausgelassener und lebensbejahender, umso besser. Ein maximales Gefühl von Dankbarkeit und die aktive Vorstellung, dass der Wunsch bereits Wirklichkeit ist, sind dabei sehr hilfreich.

Musik und Gesang

Leider sind uns viele alte Mittsommernacht Lieder aus unserer eigenen Kultur abhandengekommen. Doch ganz sicher werden immer mehr neue entstehen. In der Zwischenzeit kann man Lieder aus dem Skandinavischen übernehmen oder natürlich auch aus anderen Kulturkreisen.

(Es ist einiges bei Youtube zu finden). Man kann auch einfach mal „Sonnenlieder“ oder „Sonnenmusik“ in eine Suchmaschine eingeben!

Auch bieten sich verschiedene Mantren an. Aber auch alle Arten von Reigenliedern (Kanons), Volkslieder überhaupt oder überhaupt Songs und Lieder, die möglichst viele kennen. Da das keine Selbstverständlichkeit mehr ist in unserer Kultur, würde ich empfehlen ein paar Liederblätter auszudrucken, die die Menschen beim Singen mitlesen können. Manche sind auch begabt darin, anderen ein paar einfache Lieder beizubringen oder gar spontan zu erfinden. Auch da sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt!

Bewusster Abschluss der Mittsommernacht

Wenn wir die Mittsommernacht Feier verlassen oder beenden, ist es wichtig dass wir uns noch einmal persönlich beim Ritualplatz und dem Feuer für die Gastfreundschaft zu bedanken. Sowie auch der Sonne, der Natur, unsren Ahnen und Nachkommen und allen Geistern, die heute mit uns waren für ihre Unterstützung und ihren Schutz zu danken. Und dann ist es wichtig, sich selbst und ihnen zu geloben, dass man das beste aus diesem Geschenk für sich machen wird. Zum eigenen Wohl, zum Wohle unserer Welt und dem Wohle allen Seins!

Dann gilt es, den Ort in einem so guten Zustand wie möglich zu hinterlassen. Sämtlicher Müll sollte aufgelesen und beseitigt werden. Die Reste des abgebrannten Feuers sollten gelöscht, und die Asche verteilt oder vergraben werden. Die heißen Steine entweder durch Wasser abgekühlt, wieder verteilt oder auch vergraben werden… Je nach Umgebung.

All dies mit einer Haltung der Dankbarkeit gegenüber der Unterstützung der Natur und der Bitte, dass alle örtlichen Naturgeister den Ort wieder in seinen gesunden Zustand versetzen mögen.

Ich wünsche allen eine gesegnete Mittsommernacht mit maximaler lichtvoller Transformation. Egal, wie Ihr sie für Euch gestaltet!

Elisabeth Karsten