Wer wir sind, kann uns kein online Orakel sagen! Das hängt alleine von unserer Bereitschaft ab, uns selbst zu erkennen. Entsprechend stand schon am Apollotempel von Delphi – wo auch die berühmte Orakelstätte der Antike vor ca. dreitausend Jahren war: „Erkenne dich selbst!“ Unsere Einzigartigkeit – was uns ganz persönlich ausmacht- ist nur von innen, nicht von außen erfahrbar.
Schlüsselfrage zur Selbsterkenntnis
Doch die Frage, wer wir eigentlich sind, treibt uns noch immer um. Und tatsächlich gehört sie zu den Leitfragen auf dem Weg zur Erleuchtung. Für mich ist Erleuchtung das Erfahren und Erkennen der allumfassenden Wahrheit, die über das eigene Wesen bzw. die eigene – vermeintliche – Identität weit hinausgeht.
Bis man in dieses Seinsbewusstsein hinein erwacht, befindet man sich in gewisser Hinsicht im Schlaf. D.h. man verwechselt meist Wirklichkeit und Illusion, Wahrheit und Behauptung und Aufschriften mit dem Inhalt. Einzigartigkeit passt da gar nicht rein. Sie wird oft sogar als bedrohlich und isolierend empfunden. Doch wir wollen dazugehören und sind deswegen oft darum bemüht, nicht unnötig aus der Reihe zu tanzen. Das kommt gut an.
Wir erhalten ständig Etiketten
Unser Leben lang sind andere darum bemüht, uns zu sagen, wer wir sind. Sie kategorisieren, bewerten und etikettieren uns in einem fort. Zunächst unsere Eltern und Familien, unsere Lehrer und Mitschüler, unsere Arbeitgeber und Kollegen, unsere Staaten und Ämter und jetzt auch noch irgendwelche Logarithmen im Internet!
Mit zunehmendem Missmut und einer gewissen Langeweile stelle ich fest, dass diese Online Orakel-Spielchen boomen. Dazu klickt man irgendwo in den sozialen Netzwerken irgendeine scheinkluge Frage an und dann läuft eine kleine lotterieähnliche Mechanik ab und spuckt – schwupps – die Antwort aus. Die Fragen lauten etwa: „Was sagt dein Schutzengel/Dein Sternzeichen/Dein Geburtstag etc. über Dich aus?“ Wenn Du „eine Pflanze/ein Tier/eine Gottheit wärest, wärest Du…“ „Welcher Herz-/Farb-/Zeittyp bist du?“
Egobonbons trüben die Einzigartigkeit
Und das kann man jeden Tag von vorne spielen… und die Antworten werden variieren. Und das liegt natürlich nur daran, dass wir heute andere sind als gestern. Aber die Unbeständigkeit der Antworten hat etwa die Wirkung eines Bonbons, das nur aus Zucker, künstlichem Aromastoff und Farbstoff besteht. Wer wir wirklich sind, ist auf diese Weise nicht zu erfahren. Das wissen alle Spieler und doch ist es diese Frage, die sie ursprünglich zum Spielen motiviert…
Im Übrigen sind diese programmierten Orakel ein ideales Vehikel für die elektronische Datenerfassung. Das gilt auch für all diese online Psychotests. Egal, ob wir wissen wollen, ob unser Chef ein Narzisst ist, oder ob wir gegen Elektrosmog allergisch sind oder Führungsqualitäten haben. Auf diese Weise werden alle möglichen Informationen über uns gesammelt. So wird ein immer genaueres Bild unseres Charakters, unserer Gewohnheiten und unserer Bedürfnisse gezeichnet. Denn das macht uns erreichbarer für maßgeschneiderte Werbung. Nebenbei verfeinert es die Parameter für unsere subversiven Tätigkeiten – wie auch immer die entsprechenden Wächter sie definieren.
Gleichmacherei statt bewusster Einzigartigkeit
Doch außerdem geschieht genau das Gegenteil von dem, was wir anstreben. Und worin unsere mehr oder weniger bewusste Sehnsucht liegt: zu erfahren, was uns ausmacht, worin unsere Einzigartigkeit genau liegt. Oder wenigstens mit einer solchen Antwort den eigenen Erkenntnisraum ausdehnen und stimulieren.
Tatsächlich aber ist das nur eine raffiniertere Form von Gleichmacherei. Denn die Antworten sind begrenzt. Und die Menschen, die dasselbe Orakel anklicken, erhalten entsprechend ähnliche Antworten. Dabei sind sie…anders!
Spielen wir auf einzigartige Weise
Auch ich finde Spielen unterhaltsam. Und finde es auch immer spannend, dabei auf andere Gedanken zu kommen. Oder emotionale Impulse zu erhalten. Außerdem schätze ich einen Mehrwert darüber hinaus. So bin ich ein Riesenfan von der Spracherwerb-App Duolingo und von Sprach- und Gedächtnistrainingsprogrammen.
Diese dienen natürlich nebenbei auch der Datensammlung. Da dies bei online spielen nicht zu vermeiden ist, könnte man dem auch mit sportivem Ehrgeiz etwas entgegen setzen und vielleicht einmal nacheinander Kinderspiele, Revolver kaufen und Buchhaltung googeln…
Aber ich will nicht weiter abschweifen.
Unsere Einzigartigkeit kann nur gefühlt und erlebt werden
Ich bin derzeit besessen von Authentizität – was entspricht wahrhaftig jedem von uns im gegenwärtigen Augenblick? Je mehr man sich von dem konditionierten Bedürfnis „normal“ zu sein verabschiedet, umso spannender und inspirierender werden die Antworten. Circling ist da beispielsweise ein herrliches Forschungsgebiet.
Unser wunderbarer Verstand ist leider ein sehr ungeeignetes Instrument, um unsere Einzigartigkeit zu erfassen. Denn er neigt selbst dazu, ständig zu vergleichen, zu bewerten und einzuordnen. Er folgt in der Regel den Konditionierungen und Prägungen, die wir vom Beginn unseres Lebens an erfahren haben. Diese werden schließlich zur Gewohnheit. Wir glauben, es ist unsere Wahrnehmung. Aber tatsächlich ist es erst mal nur die anerzogene Brille, durch die wir blicken.
Außerdem verwechselt der Verstand gerne einzigartig mit besonders sein. Im Guten ist es etwas überragendes, im schlechten etwas disqualifizierendes. Aber die persönliche Einzigartigkeit ist etwas Natürliches. Sie ist erst mal weder gut, noch schlecht und manchmal auch beides. Es kommt auf den Umgang damit an.
Unsere Einzigartigkeit ist unser wahrer Schatz
Wir sollten endlich anfangen, unsere Einzigkeit zu feiern. In uns selbst und bei anderen. Je mehr jeder einzelne seine Potentiale zum Ausdruck bringt, umso stärker werden wir alle! Darin liegt ein Riesenpotential. Sowohl für uns persönlich, als auch für die Menschheit und das Sein überhaupt!!!
Nur du kannst, was du kannst… Nur ich kann, was ich kann – und wenn wir uns verbinden, sind Wunder möglich. Damit wir dabei nicht mehr unnötig Zeit bei den online Orakeln vertun, hab ich mir mal ein paar ultimative Antworten überlegt.
Wenn ich das Orakel wäre, würde ich antworten: